Wie «attraktiv» sind Basel und die Region?

    Viele Studien zur Standortattraktivität der Region gaben 2016 zu reden – Ein Fazit zum Jahresende

    Das Jahr 2016 neigt sich dem Ende zu. Selten zuvor wurde so viel über die Standortattraktivität der Region Basel und Umgebung diskutiert und so viele Studien veröffentlicht. Zum Jahresabschluss ein Fazit.

    (Bilder: JoW) «Teures Pflaster» für Familien: Wohnen in Basel-Stadt

    Ein erstes Beispiel für die vielen Studien zur Standortattraktivität in der Region, die 2016 zu reden gaben, ist jene der Unternehmensattraktivität: Basel-Stadt ist in der neuesten Studie der Crédit Suisse zur Standortattraktivität für Unternehmen seit neuestem nicht mehr wie gewohnt auf Platz drei, sondern fiel auf den vierten Rang zurück. Dies sorgte für Aufsehen. Auch in unseren Publikationen wurde dies thematisiert. Grund für die leichte Polemik: Hinter den Kantonen Zug und Zürich belegt seit langer Zeit traditionell Basel-Stadt jeweils den dritten Platz in der illustren Rangliste der attraktivsten Standorte der Schweiz für Unternehmen.

    Region Basel bis 2020 in den Top 3
    Eine steuerliche Attraktivität sowie die Verfügbarkeit von Fachkräften und Hochqualifizierten sowie die Erreichbarkeit (Verkehrsnetz- und -anbindungen) sind die wichtigsten Faktoren für ein solches Ranking. Dass nunmehr hinter Zug und Zürich der Kanton Aargau liegt und nicht mehr Basel-Stadt, hat mit steuerlichen Entlastungen für Unternehmen zu tun, die jetzt greifen. In der Studie wird aber auch ein Ausblick auf 2020 gewagt. Diese liest sich für die Standortförderer der Region durchaus positiv. Basel-Stadt könne bis dahin an Zürich vorbei auf Rang zwei vorrücken, schreiben die Autoren. Dies, weil Basel-Stadt eine Reduktion des Gewinnsteuersatzes auf 13 Prozent plant und zudem der Kapitalsteuersatz auf ein Promille gesenkt werden soll.

    Etwas «Polemik» um die «Expats» im November…
    Im November sorgte die nächste Veröffentlichung einer Studie für eine gewisse Polemik (Basler Woche berichtete): Es ging um die für Basel wichtige Gruppe der «Expats». Daten aus der jährlichen Expat Insider 2016 Studie von InterNations, einem weltweiten Netzwerk für Expats, liessen da aufhorchen:  In vielen Kategorien der Studie platzieren sich die drei grossen Städte Basel, Zürich und Genf in den unteren Plätzen. In der Kategorie «Eingewöhnung im Gastland» belegt Basel sogar den letzten Platz. Immerhin aber schneidet Basel viel besser ab in der Bewertung bezüglich Arbeitsmöglichkeiten und Finanzen: Basel reiht sich da in der Studie sogar weltweit bei den beliebtesten Expat-Destinationen auf Platz zwei ein – und das noch vor Zürich auf dem fünften Rang. Mehr als drei Viertel der «Expats» in Basel  sind zufrieden mit ihrer Arbeitssituation und der finanziellen Lage und auch beim Thema Sicherheit und Lebensqualität werden Spitzenbewertungen abgegeben: Auch hier ist Basel (sechster Platz weltweit) vor Zürich (7.) klassiert. Dennoch: Die Schweizer Städte erhalten  in der allgemeinen Bewertung Noten, die noch knapp über dem globalen Durchschnitt liegen. Basel ist mit Platz 12 der Sieger unter den Schweizer Städten. Zürich folgt auf Platz 14, Genf auf Platz 16.

    Basel-Stadt und Baselland: Teures Pflaster für Familien
    Und jetzt, kurz vor Jahresende, sorgt die nächste Studie über das frei verfügbare Einkommen, das einem Haushalt nach Abzug sämtlicher wohnortsgebundenen Kosten übrig bleibt, in unserer Region für eine gewisse Aufregung. Für rund 2’300 Gemeinden und Quartiere in Schweizer Grossstädten wurde dieses berechnet. Genf und Basel-Stadt sind demnach mit Abstand am unattraktivsten, aber auch Zürich, Neuenburg, Basel-Land und Waadt werden negativ bewertet. Ergo: Wer in der Region  lebt, dem bleibt bei gleichem Einkommen am Ende des Monats weniger Geld für den freien Konsum als in Kantonen wie beispielsweise Uri oder in ländlicheren Gebieten.

    Und wie kommt man zu diesem Schluss? Die finanzielle Wohnattraktivität einer Gemeinde kann mittels eben diesem frei verfügbaren Einkommen dargestellt werden. Es bezeichnet den Betrag, der einem Haushalt unter Berücksichtigung aller Einkommenskomponenten und nach Abzug sämtlicher Zwangsabgaben und Fixkosten für den privaten Konsum zur Verfügung steht.

    Da dieser Wert je nach den spezifischen Eigenschaften eines Haushalts variiert, haben die Ökonomen der Credit Suisse das frei verfügbare Einkommen für eine Vielzahl von modellhaften Haushaltstypen in den rund 2’300 Schweizer Gemeinden berechnet und einen Indikator für das frei verfügbare Einkommen in den Schweizer Kantonen und Gemeinden erstellt («Regional Disposable Income» oder RDI-Indikator).

    Messbaren und nicht messbare Faktoren
    Nun stellt sich die Frage, was in diesem RDI-Indikator verankert beziehungsweise berücksichtigt wird. Natürlich sind die Mieten, Steuern und der Krankenkassensatz (Basel Stadt hat die höchsten Gesundheitskosten landesweit…) entscheidend. Dazu werden auch noch die Immobilienpreise, die Kosten für das Pendeln von Wohn- zu Arbeitsort und zurück sowie auch die Kinderbetreuung berücksichtigt. Es fällt auf, dass da die beiden Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft in finanzieller Hinsicht weniger «attraktiv» sind als etwa die Westschweizer Kantone mit ihren höheren Familienzulagen, den Krippensubventionen und Betreuungsabzügen. Ebenfalls auffällig: In einer Agglomeration zu wohnen ist teurer als in ländlichen Gebieten. Trotz höherer Mobilitätskosten lohne sich, so die Studie der Credit Suisse, unter dem Strich ein Umzug in ländliche Gemeinden in vielen Fällen.

    Und es gibt sie doch: Die «Killerargumente» für die Region
    Nun aber ist ebenfalls klar, dass sich eine Standortattraktivität keinesfalls nur auf das Finanzielle herunterbrechen lässt. Es gibt durchaus wichtige nicht messbare, aber real existierende und für die Lebensqualität spürbare Faktoren, die für die Standortattraktivität sprechen. Die Agglomerationen und Städte wie Basel und ein Kanton wie Baselland bieten ihren Einwohnerinnen und Einwohnern  dafür andere Vorteile. Und genau da setzt die Kritik an solchen Studien ein. Einerseits gibt es sowohl für Privatpersonen, Familien wie auch generell für Arbeitende und Unternehmen viele «Killerargumente», sich für einen Wohnort in der Region zu entscheiden: Die Kultur am Dreiländereck ist weltoffen, speziell in Basel-Stadt. Denn das jahrhundertealte, direkt an der Grenze zu Deutschland und zu Frankreich gelegene Handelszentrum pflegt seit jeher einen regen Austausch mit anderen Kulturen. Ein weiteres Argument: Die Lebensqualität in der Messestadt und in der unmittelbaren Region. Basel bietet ausserdem kurze Wege und eine gewisse öffentliche Sicherheit. Ab Stadtmitte erreicht man  den EuroAirport mit seinen Verbindungen in alle grossen Städte Europas in nur 15 Minuten. Über die Rheinhäfen ist die Schweiz mit dem Meer verbunden. Die Region Basel verbindet Nord- und Südeuropa und ist von strategischer Bedeutung für den transkontinentalen Frachtverkehr (Schiene und Strasse).

    Ein liberales Arbeitsrecht zeichnet zudem die Region Basel aus, die im Bereich Bildung und Forschung ein ansprechendes Niveau aufweist, wovon nicht zuletzt auch die dynamische Life-Sciences-Industrie profitiert. Basel verfügt über die weltweit höchste Dichte erfolgreicher Life-Sciences-Unternehmen. Von der Dynamik des Life-Sciences-Clusters profitieren ausser den Basler Pharma-, Biotech- und Medizintechnik-Unternehmen auch alle anderen Branchen in der Region.

    JoW


    Die Standortfaktoren
    Anhand von ausgewählten Standortfaktoren werden die Wettbewerbsfähigkeit und die Standortattraktivität von Basel-Stadt dargestellt. Die Standortfaktoren prägen die Standortqualität und tragen massgeblich zur Wachstumsperformance der Wirtschaftsregion bei. Es zeigt sich, dass Basel-Stadt hinsichtlich der Erreichbarkeit und der Innovationsfähigkeit deutlich oberhalb des Schweizer Durchschnittes rangiert. Dabei ist der Kanton sowohl mit dem öffentlichen Verkehr als auch mit dem motorisierten Individualverkehr optimal erschlossen. Die hohe Innovationsfähigkeit spiegelt sich zum einen in der Zahl der Patente pro Kopf und zum anderen in der Forschungsqualität der Universitäten (Shanghai Index) wider. Wichtig für die Innovationskraft einer Region ist zudem die Verfügbarkeit an Hochqualifizierten, d.h. die sogenannte Tertiärquote. Auch hier weist Basel-Stadt eine überdurchschnittliche Ausprägung auf, die sich jedoch spiegelbildlich in einer entsprechend niedrigeren Sekundärquote niederschlägt. Bei der Besteuerung von Unternehmen gilt zu berücksichtigen, dass hier insbesondere die ordentlichen Gewinnsteuersätze Einfluss finden.
    Quelle: AWA

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