Wenn ein 300-Seelen-Dorf zum Motocross-Epizentrum wird

    Roggenburg, die westlichste Gemeinde des Kantons Basel-Landschaft, liegt auf 566 Meter über Meer und bloss acht Kilometer nördlich von Delémont, der jurassischen Hauptstadt. Das Bauerndorf erstreckt sich an einem nach Norden ausgerichteten Hang über dem Lützeltal.

    (Bilder: zVg) Ende August ist Roggenburg jeweils Schauplatz eines Grand Prix bei den Motocross-Seitenwagen

    Es gibt Ortschaften, die man wegen einer bestimmten Sportart respektive Vereines kennt. Den Weiler Quinto in der Leventina würde kaum jemand kennen, wenn er nicht mit den Nebenweilern den Kult-Eishockeyclub HC Ambrì-Piotta beherbergen würde. Und wir können unserer Leserschaft versichern, dass «Ambrì» in Kanada allen bekannt ist…

    Schon der Weg nach Roggenburg «hinauf» ist speziell. Denn diese Gemeinde, die knapp 300 Einwohner zählt (damit gehört sie zu sechs kleinsten Ortschaften des Baselbiet) liegt abseits der grösseren Durchgangsstrassen. Die Hauptzufahrt erfolgt von der Strasse durch das Lützeltal, die allerdings über französisches Staatsgebiet führt, aber eine internationale Strasse ohne Zollkontrollen ist. Zwischen Lucelle und Kleinlützel (Laufental), wo der Fluss Lützel die Grenze wischen Frankreich und der Schweiz bildet, verläuft diese französische Hauptstrasse mit dem Status «Route Internationale» entlang des Flusses. Unter Automobilisten ist der Weg nach Roggenburg als «Die Internationale» bekannt. Wer mit dem öffentlichen Verkehr in diese idyllische, von der Landwirtschaft geprägte Ortschaft gelangen will, muss gut planen. Es gibt einige Postautokurse von Laufen aus, dazu Fahrten von Delémont via Movelier.

    Familie Jacquemai als Herz, Motor und Seele
    Die Geschichte um Motocross in Roggenburg geht auf das Jahr 1953 zurück. Es würde den hier zur Verfügung stehenden Platz sprengen, wenn man auf über «60 Jahre Motocross in Roggenburg» zurückblicken würde. Die Gründung des Moto-Club Roggenburg erfolgte am 5. Dezember 1968. Die ersten, notabene Strassenrennen, waren vier Jahre später. Was man seit der Gründung bis heute sagen kann: Ohne die Familie Jacquemai hätte Roggenburg nie diesen Status im Motocross-Rennsport gehabt. Auch im aktuellen zehnköpfigen OK figurieren fünf «Jacquemais» – angeführt von OK-Präsidentin Christiane und Arnold (Noldi) Jacquemai, der für den Streckenbau verantwortlich ist.

    Der Motorsport hat es nicht einfach. Aber er hat von seiner Faszination nichts verloren. Gerade die Seitenwagen-Rennen sind Spektakel pur. Und am vorletzten Sonntag waren Grand-Prix von Roggenburg in der Gruppe A (Weltelite) 22 Fahrpaare am Start. Und die zahlreichen Zuschauer kamen in den Genuss von spannenden Rennen; dass die Schweizer keine Top-Platzierung (wie zu anderen Zeiten) herausfuhren, störte das Fachpublikum nicht. In Roggenburg kommen «Aficionados» zusammen, die grösstenteils Benzin in den Adern haben.

    Kurzum: Roggenburg, diese kleine Gemeinde, welche in der Regel während eines Jahres selten bis nie in den medialen Schlagzeilen ist, wird an einem Wochenende im Jahr jeweils zum Mekka der Motocross-Freunde. Das soll, dank dem unermüdlichen Einsatz eines innovativen OK‘s und vielen ehrenamtlichen Helfern, noch lange so bleiben.

    Jordi Küng

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