Scheinheilig und nicht zu Ende gedacht?

    Der «Fall Markthalle» erhitzte im Mai die sommerlichen Gemüter – ein Nachtrag

    Der «Fall Markthalle» zeigte einmal mehr, wie in Teilen der Gesellschaft beim «Thema Israel» mit unterschiedlichen Wertesystemen gearbeitet wird. Über Vorkommnisse in der einzigen Demokratie im Nahen Osten wird gerne geurteilt und kommentiert. Wie steht die Gesellschaft Schweiz-Israel (Sektion Basel) zu den Vorkommnissen?

    (Bild: PEXELS) Israel wird entweder als politischen Brandherd oder als Feriendestination wahr genommen. Das wird dem Land nicht gerecht.

    Seit 1957 engagieren sich Schweizerinnen und Schweizer in der Gesellschaft Schweiz-Israel (GSI) für gute bilaterale Beziehungen, für Dialog, Respekt, Verständnis und Freundschaft zwischen beiden Ländern.

    GSI Basel Präsident Patrick Hafner muss immer wieder den Kopf schütteln, wenn er pauschalisierende Kommentare liest oder hört und sich konfrontiert sieht mit Vorfällen wie zuletzt in der Markthalle. Es ging um folgenden Sachverhalt: Ein Aussteller durfte nicht an einem Olivenöl-Markt teilnehmen, weil die Herkunft seines israelischen Produkts als «problematisch» bezeichnet wurde. Bei einem Händler, der sich offen zur antisemitisch eingestuften BDS bekennt, war der Produktionsort im Westjordanland hingegen kein Thema (Quelle: www.bazonline.ch/als-er-sagt-dass-sein-oel-aus-israel-kommt-wird-er-ausgeladen-820525138271).

    (Bild: Pexels) Die Metropole Tel Aviv ist bekannt als Partystadt…

    Dazu sagt die Gesellschaft Schweiz Israel, Sektion Basel: «Es darf nicht sein, dass ein Olivenölhändler nicht zu einem Spezialmarkt zugelassen wird, nur weil er aus Israel kommt. Insbesondere nicht, wenn ein anderer Händler mit Olivenöl aus demselben Land, der sich offen zu BDS bekennt, zugelassen wird. So etwas bereitet der GSI Basel Sorgen. In Basel, wo der Staat Israel vor 125 Jahren gegründet wurde, muss eine offene Kultur im Zusammenhang mit dem einzigen demokratischen Staat im Nahen Osten möglich sein. Wir begrüssen Diskussionen, verurteilen aber diskriminierende Aktionen.»

    Zweites «Silicon Valley» in Innovation, Technologie und Unternehmertum
    Dabei sollte man sich bewusst sein, dass beim Stichwort «Israel» viele Menschen in erster Linie an politische oder religiöse Spannungen denken. Wer sich genauer mit Israel beschäftigt, bringt das Land und die Start-up-Metropole Tel Aviv aber viel mehr mit den Begriffen Innovation, Technologie und Unternehmertum in Verbindung, denn Israel ist, gemessen an der Bevölkerung, das dynamischste und erfolgreichste Land der Welt! Das ist auch statistisch belegt. Innovation und innovative Menschen – das ist gewissermassen die Lebensversicherung für das Land.

    (Bild: Dreamstime) … und als Startup-Eldorado für junge Unternehmer/innen.

    Diese Erfolgsfaktoren sind aber oft nicht so präsent. Die GSI sowie auch ihre Sektion Basel setzen sich dafür ein, dass Israel nicht einseitig oder gar falsch wahrgenommen wird. Wir sprachen mit dem Präsidenten der Basler Sektion der Gesellschaft Schweiz-Israel, Patrick Hafner.

    Patrick Hafner, es ist heutzutage schwierig geworden, ohne Anfeindungen für etwas einzustehen. Wie kann die GSI Basel eine differenzierte Wahrnehmung des Staates Israel erzeugen?
    P. Hafner: Leider können wir gar nichts erzeugen. Aber wir können uns dafür einsetzen, dass möglichst viele Menschen, die ein einseitiges Bild von Israel haben, auch von anderen Seiten erfahren.

    Welche Themen stehen bei Ihrer Arbeit dabei im Vordergrund?
    Wir möchten zeigen, dass Israel in erster Linie ein «ganz normales» Land ist – mit erstaunlich vielen Ähnlichkeiten zur Schweiz! Gerne weisen wir natürlich auch auf die unzähligen positiven Seiten von Israel hin, angefangen bei landschaftlicher Schönheit und attraktivem Tourismus, über kulturelle Vielfalt bis zu ausserordentlichen Erfolgen im Start-Up-Bereich, bei Forschung und Innovation und Vielem mehr.

    Wie wird der Diskurs, der Austausch gepflegt?
    Wir bieten immer wieder Anlässe an, die auch zum Diskurs einladen. Zudem pflegen wir einen regen Austausch mit anderen Organisationen mit ähnlichen Zielen.

    Wie kann man sich die Hintergrundarbeit einer GSI beziehungsweise der Basler Sektion vorstellen?
    Als Sektion sind wir zu klein für wirkliche Hintergrundarbeit. Wird sind vor allem dazu da, für unsere Mitglieder interessante Anlässe anzubieten. Aber unsere Dachorganisation, die GSI Schweiz, ist sehr vielfältig involviert: So wird sehr genau geschaut, wie in den Medien berichtet wird. Und es erfolgt auch immer wieder eine Intervention, wenn Israel einseitig dargestellt wird. Zudem pflegt die GSI Schweiz intensiv Kontakte in Politik, Medien und Organisationen.

    Welchen persönlichen Wunsch hätten Sie Bezug nehmend auf Israel und dessen Wahrnehmung bei den Menschen der Region?
    Ich würde mir wünschen, dass möglichst viele Menschen Gelegenheit haben, Israel vor Ort zu erleben – das ist bei Weitem der überzeugendste Weg, kritische Menschen dazu zu bringen, Israel zu anerkennen oder gar Freunde von Israel zu werden.

    Eine persönliche Frage: Was gefällt Ihnen ganz speziell an Israel?
    Israel ist die einzige und zudem glaubwürdige Demokratie im Nahen Osten.

    JoW


    Die Bedeutung von Basel als «Geburtsort»

    In diesem Jahr finden zum 125. Jubiläum der Geburtsstunde des Staates Israel einige Festivitäten statt zu Ehren des ersten Zionistenkongresses 1897, der im Stadtcasino stattfand. Dieser sollte eigentlich in München stattfinden. Dies scheiterte aber an der strikten Ablehnung der dortigen religiösen Instanzen – vornehmlich des Rabbinats. Als Alternative fand man Basel, wo der Kongress von David Farbstein organisiert wurde und vom 29. bis 31. August 1897 unter dem Vorsitz Theodor Herzls (verstarb 1904) stattfand. Dort wurde das Basler Programm formuliert.

    «Der Zionismus erstrebt die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte für Juden.» Um dieses Ziel zu erreichen, gründeten die 204 Abgesandten von jüdischen Gemeinden aus aller Welt die WZO und wählten den Tagungsleiter und Initiator Theodor Herzl zu deren erstem Präsidenten. Das damals aufgenommene Bild, bei welchem Herzl vom Balkon des Trois Rois auf den Rhein und die Mittlere Brücke blickt, hat sich bei vielen eingeprägt. Das Programm folgte Herzls politischer Vorstellung, den jüdischen Staat nicht durch ungesicherte Besiedlung Palästinas, sondern durch diplomatische Verträge mit den europäischen Grossmächten zu erreichen. Nach Abschluss des Kongresses schrieb Herzl am 3. September 1897 in sein Tagebuch: «Fasse ich den Baseler Congress in ein Wort zusammen – das ich mich hüten werde öffentlich auszusprechen – so ist es dieses: in Basel habe ich den Judenstaat gegründet. Wenn ich das heute laut sagte, würde mir ein universelles Gelächter antworten. Vielleicht in fünf Jahren, jedenfalls in fünfzig wird es Jeder einsehen.»


    Keine Stellungnahme

    Der Autor des BaZ-Artikels, der den «Fall Markthalle» mit der Publikation ins Rollen brachte, erhielt keine Stellungnahme der Markthallen AG. «Man wolle auf Grund des laufenden Verfahrens der Schadenersatzklage im Zusammenhang mit der Schadenersatzklage des ausgeladenen Ausstellers keine Stellungnahme dazu abgeben», hiess es, wie Audiatur Online berichtet.

    Im Leitbild der Markthalle Basel steht unter anderem: «Die Markthalle Basel ist ein Abbild der Vielfalt der Stadt. Sie steht für ein gleichwertiges Miteinander, für Weltoffenheit und für Vernetzung. Dies wird durch die Vielseitigkeit des Gastronomieangebotes und des Veranstaltungsprogramms widergespiegelt.» Offenbar wird nicht immer konsequent nach diesem gehandelt.


    Spannende Einblicke

    Wer möchte Israel aus neuen Blickwinkeln sehen und die Bevölkerung verstehen und kennenlernen? Israel hat viel mehr zu bieten als das, was man mehrheitlich in den Medien mitbekommt. Wer die vielen Facetten dieses spannenden und innovativen Landes kennenlernen will – hier ist die Anlaufstelle: www.schweiz-israel.ch/mitglied-werden.html


    In eigener Sache

    Dieser Artikel soll nicht als politisches Statement oder als Positionierung beziehungsweise als Parteinahme verstanden werden. Er will lediglich auch einen Aspekt dokumentieren, der in den Berichterstattungen zum aktuellen Nahostkonflikt eher selten zur Sprache kommt.

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