«Herbschtmäss»-Preispolitik – ein Dauerthema

    Bahngeschäfts- und Verkaufsstand-Betreiber müssen scharf kalkulieren

    An der Herbstmesse wechselt so viel Bargeld die Besitzerin beziehungsweise den Besitzer wie an kaum einem anderen Event in Basel. Jahr für Jahr (das Pandemiejahr 2020 als Ausnahme einmal ausgeschlossen) gehört die «Herbscht­mäss» bei Jung und Alt zum Pflichtprogramm. Und dies, obwohl die Preise immer wieder für Polemik sorgen. Es gibt aber Gründe, warum diese so hoch sind.

    (Bilder: Kanton Basel-Stadt) Das geht schnell ins Geld – Für Verpflegung und Fahrgeschäfte muss man tief ins Portemonnaie greifen. Verständnis für die Preispolitik der Anbieter ist aber mehrheitlich vorhanden…

    Das «ewige Thema» an der Herbstmesse ist die Preispolitik der meisten Bahngeschäfts- und Verkaufsstandbetreiber. Faktisch und in einigen Fällen auch «gefühlt» sind die Preise wieder gestiegen. Die Preise an der Basler Herbstmesse sind de facto aber in den letzten Jahren tatsächlich meist ungefähr auf dem gleichen Niveau geblieben, einige Ausnahmen bilden hier die Regel. Teuer bleibt der Besuch beim Grossevent dennoch. Besonders, wenn man im Familienverbund unterwegs ist. In diesem Jahr – mit rund 100 Anbietern weniger als noch 2019 – war aber der Hunger auf den Messebesuch besonders gross und das Thema Preise wurde nicht wie üblich ausgiebig diskutiert.

    Zwölf Franken pro Person muss man mittlerweile berappen für eine Tour im Riesenrad. Der beliebte, handgemachte «Beggeschmutz» kostet 3.50 Franken. Für eine Bratwurst muss man sieben Franken bezahlen und für ein kleines Raclette-Tellerchen noch mehr. Geradezu «günstig» wirkt dabei im Vergleich der Spass im «Butschauti» oder die Karussellfahrt, wohin gehend der Ritt im Kettenkarussell wieder etwas teurer erscheint. Ein Familienausflug an die Herbstmesse ist also definitiv ein teures Vergnügen. Wo liegen die Gründe für die horrenden Preise?

    Wie fast jedes Jahr werden weit über eine Million aus dem In- und Ausland auf den Basler Messeplätzen, verteilt über die ganze Stadt und in den Messehallen, erwartet. Der älteste noch existierenden und grösste Jahrmarkt der Schweiz ist einer der traditionellsten der Welt und hat seine Anziehungskraft nicht verloren. Und dies eben auch trotz der hohen Preise. Einige mögen sauer reagieren auf die Preispolitik der Schausteller, Stand- und Bahnbetreiber. Dabei stehen diese unter starkem Kostendruck. Ertrag wird vor allen Dingen durch eine hohe Fluktuation und mit dem Verkaufserfolg erzielt.

    Damit sich der Aufwand für die Standbetreiber und Schausteller lohnt, müssen die Kosten für den Aufwand gedeckt sein.

    Keine einfache Milchmädchen-Rechnung
    Die Rechnung ist einfach: Damit sich der Aufwand für die Standbetreiber und Schausteller lohnt, müssen die Kosten für den Aufwand gedeckt sein und der Ertrag stimmen. Schliesslich gilt es Löhne zu zahlen, Auf- und Abbaukosten zu finanzieren, bei Standbetreibern müssen die Herstellungs- und Transportkosten einberechnet werden, der Stromverbrauch ist enorm und nicht zuletzt geht die Standplatzgebühr mächtig ins Geld. Für einen mittelgrossen Verkaufsstand zahlt man heuer der Stadt Basel schnell mal 8’000 Franken Gebühren. Mit weiteren Aufwänden werden oft bis zu 20’000 Franken fällig. Und dabei sind Personalkosten noch nicht mit eingerechnet. Die Preise sind hierbei nach Kategorien unterteilt in Kinder-, Fahr- und Schiessgeschäfte, Verpflegungs- und Süsswarenstände sowie Handelsgeschäfte. Der Quadratmeter für ein Fahrgeschäft, welches in der Regel viel mehr Platz braucht, ist seit Jahren mit 100 Franken veranlagt. Bei einem Verpflegungsstand werden bis zu 450 Franken pro Quadratmeter für die zwei Wochen fällig.

    Kosten seit 2010 stabil
    Jeder Schausteller an der Herbstmesse muss dem Kanton Basel-Stadt eine Standplatzgebühr bezahlen. Diese Gebührenverordnung ist öffentlich und kann eingesehen werden. Die Gebührenverordnung erarbeitete übrigens das Büro Messen und Märkte Basel mit den Verbandsvertretern der Messe. Diese gilt seit dem 1. Januar 2010. Seitdem wurde nichts mehr an diesen Gebühren gerüttelt und an der Obergrenze von zwölf Franken für die Fahrpreise bei den Bahnen festgehalten. Mächtig ins Geld gehen die Anschlussgebühren an das Netz des Stromlieferanten IWB. Die Industriellen Werke Basel sichern die temporäre Energie-Anschlusspunkte und gewähren den Zugang zu Wasser. Zuweilen mieten einige auch einen Teil der Infrastruktur wie Kabel oder Leitungen. Die Rechnungen für diese Dienstleistungen stellen hauptsächlich die IWB und ein Gebäudetechnik-Dienstleister.

    Es gab von der SVP eine eingereichte Motion, die für 2021 den Gebührenerlass für die pandemiegeplagten Schausteller forderte. Diese wurde abgelehnt. Ein solches Entgegenkommen hätte eine Ungleichbehandlung der Betroffenen zu Folge, begründete jedoch die Basler Regierung die ablehnende Haltung. Der Grosse Rat hatte die Regierung mit der Überweisung einer SVP-Motion vor knapp einem Jahr gegen ihren Willen damit beauftragt, einen Gebührenerlass für Schausteller und Marktfahrer an der jetzt laufenden Herbstmesse 2021 zu prüfen. Viele Betroffene seien wegen den Auswirkungen der Corona-Krise und der Absage der letztjährigen Herbstmesse in eine Existenzkrise geraten, so die damals von einer grossen Ratsmehrheit geteilte Begründung. Diese müssten jetzt erst recht den Umsatz noch stärker denn je ankurbeln.

    Unter 100 Franken: Für eine vierköpfige Familie fast unmöglich
    Schon seit 2010 sind die Gebühren an der Herbstmesse ein viel diskutiertes Thema. Seitdem bewegen sich die Preise nicht signifikant, sind aber bei einigen Vergnügungen und Verpflegungsständen weitaus höher als vor der neuen Gebührenverordnung. Man habe, so wird von der Fachstelle Messen und Märkte in einigen Communiqués und Interviews in den letzten Jahren kommuniziert, versucht, für alle Parteien den idealen Schlüssel zu finden. In vielen Publikationen betont man ausserdem, dass keine Gewinnvorgaben herrschen, sondern der Kanton mitfinanziere. Die Kosten für Werbung, Infrastruktur, Wasser, temporäre Installationen und Dienstleistungen (zum Beispiel die Securitas und andere Bewachungsdienste) sollen durch die Gebühreneinnahmen gedeckt werden. Was jedoch bleibt, ist der subjektive Eindruck bei den Konsumenten. Und diese sehen nur, dass an einem Nachmittag schnell mal für eine vierköpfige Familie bis zu 150 Franken oder mehr dem Portemonnaie auf Nimmerwiedersehen sagen. Logisch, macht man dabei die Faust im Sack. Mit dem Wissen warum die Preise so hoch sind lockert sich diese aber vielleicht ein wenig.

    ChSt, JoW

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