Dorfzentren leiden unter Konkurrenzdruck

    Können die Dorfkerne mit der Entwicklung im Kaufverhalten der Bevölkerung mithalten?

    An ihrem öffentlichen Wirtschaftsanlass machte die CVP Baselland die Zukunft der Dorfkerne zum Thema. Über die Parteigrenzen hinweg erhofften sich Gemeindepolitiker und weitere Interessierte von den Experten Ideallösungen.

    (Bild: © Beat Eglin, www.presstime.ch) Die Politiker strahlen Zuversicht aus

    Einfache und schnelle Lösungen wurden von den Fachleuten keine angeboten. Solche sind auch nicht in Sicht, denn die Entwicklung und das Kaufverhalten gehen schon seit vielen Jahren in unterschiedliche Richtungen. Regierungsrat  Anton Lauber: «Dieses Thema hat eine grosse soziale Bedeutung und  Nutzen für die Volkswirtschaft.» Detailhandel und Gastronomie haben im Kanton Baselland mit einem Anteil von 7.5 Prozent eine grosse Bedeutung beim Angebot von Arbeitsplätzen. Zudem sind es Branchen, die einen grossen Anteil von Teilzeitpensen ermöglichen und somit einen wertvollen Beitrag an die privaten Haushaltbudgets leisten können.

    Entwicklungspotential ist vorhanden
    Für Stefan Meier vom Beratungsunternehmen Wüest Partner ist es wichtig, das Augenmerk über die Dorfkerne hinaus in die Agglomerationen zu richten und diese in die strategischen Überlegungen einzubeziehen. Denn dort leben drei Viertel der Bevölkerung. Unsere Region habe eine der besten Beschäftigungsprognosen, die es in der Schweiz gibt. «Zudem haben wir ein Verdichtungspotential, das weiteren 120’000 Menschen Wohnraum ermöglicht und 140’000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen kann. Dieses Potential kann eine Gefahr, aber auch die grosse Chance für Dorfkerne sein. Entscheidend wird sein, in welche Richtung die Kommunen ihre Weichen stellen.»

    Neue Einkaufsgewohnheiten
    Thomas Bretscher (CVP Vorstand) informierte über neue, einfache und moderne Einkaufsmethoden. Der Onlinehandel schaffte Rahmenbedingungen und mit der flächendeckenden Verbreitung des Smartphones ist Shopping rund um die Uhr möglich. Im letzten Jahr betrug der Online-Umsatz knapp 8 Milliarden Franken. Dazu kommt der Auslandeinkauf insbesondere in den Grenzregionen. Zu den tieferen Preisen kommt die nicht abzuliefernde Mehrwertsteuer, was den Wettbewerb zusätzlich verzerrt. Ohne Neuausrichtung und klare Strategien haben Dorfkerne in diesem Wirtschaftsumfeld nur geringe Überlebenschancen. In der Podiumsdiskussion stellte sich die Frage, ob auf das veränderte Einkaufsverhalten die Politik reagieren sollte oder ob für strategische Massnahmen das betroffene Gewerbe zuständig sei. Eine klare Antwort gibt es nicht. Entscheidend sei, dass die Politik Rahmenbedingungen schafft, die sich an der neuen Situation orientieren und den Unternehmen den notwendigen Spiel- und Freiraum ermöglichen. Nur mit Solidarität unter allen Akteuren und Betroffenen können gemeinsame Visionen entwickelt und umgesetzt werden. Das tönt zwar einfach. Die Realität zeigt aber, dass sich der Konsument nicht immer seinem Dorflädeli und seiner Dorfbeiz verpflichtet fühlt. Er achtet auf sein Portemonnaie und richtet sich nach seiner eigenen Bequemlichkeit.

    Gemeindepolitik entscheidet mit
    Der Denkanstoss ist gelungen. Dies zeigte sich bei den intensiven Diskussionen beim anschliessenden Apéro. Der Zug rollt dadurch aber noch nicht in die gewünschte Richtung, denn die Wirtschaft funktioniert nach eigenen Kriterien. Und diese sind oft rücksichtslos und nicht auf Solidarität ausgerichtet. Hier sind auch die anwesenden Gemeindepolitiker gefordert, die durch entsprechende Bauvorschriften und Gesetze ein lebendiges Dorfleben ermöglichen und nicht behindern.

    Beat Eglin

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