«Das wäre für krisengeschüttelte Branchen der Todesstoss!»

    Urban Hodel vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund SGB bekämpft die Begrenzungsinitiative der SVP vehement. Dies nicht nur weil sie viele Arbeitsplätze in der Exportindustrie gefährdet, sondern weil sie auch Arbeitnehmerrechte und Lohnkontrollen angreift.

    (Bild: zVg) Urban Hodel, Schweizerischer Gewerkschaftsbund SGB: «Diese Vorlage ist ein Etiketten-Schwindel.»

    Ein Ja zur Begrenzungsinitiative BGI wird in Wirtschaftskreisen als äusserst gefährlich eingestuft. Gefährdet sie unseren Wohlstand?
    Urban Hodel: Die Kerninteressen der Arbeitnehmer unseres Landes stehen auf dem Spiel: Löhne und Arbeitsplätze. Diese Initiative gefährdet viele Arbeitsplätze in den Exportindustrien, die bereits stark von der Krise betroffen sind. Sie greift vor allem auch die Instrumente zum Schutz der Schweizer Löhne und zur Unterstützung unserer Gesamtarbeitsverträge an, die mit den bilateralen Abkommen verknüpft sind. Deshalb sind wir entschieden dagegen.

    Es erstaunt etwas, dass der SGB in dasselbe Horn wie die Wirtschaftskreise bei dieser Vorlage bläst. Erklären Sie das?
    Am 27. September geht es hingegen darum zu entscheiden, ob wir die Errungenschaften der bilateralen Abkommen beibehalten wollen oder nicht. Die SVP greift Arbeitnehmerrechte und Lohnkontrollen an. Aber sie will, dass die Wirtschaft jederzeit in der Lage ist, alle Einwanderer zu beschäftigen, die sie braucht! Dies würde zu mehr Dumping führen: Es wäre immer noch möglich, Personal aus dem Ausland anzuwerben, aber ohne Lohnkontrollen. Dies öffnet der Ausbeutung von prekären ausländischen Arbeitskräften Tür und Tor. Missbräuche auf dem Arbeitsmarkt lassen sich nur durch eine Weiterentwicklung unseres Lohnschutzes effektiv bekämpfen. Das ist der richtige Weg nach vorne. Wir blasen also nicht in dasselbe Horn wie die Wirtschaft. Das sieht man auch in der Diskussion rund um das Rahmenabkommen mit der Europäischen Union, welches unseren Lohnschutz bedroht. In diesem Fall ist es die EU-Kommission, die im Einvernehmen mit bestimmten Arbeitgebern weniger Vorschriften und mehr Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt will. Wir fordern daher, dass über dieses Rahmenabkommen neu verhandelt wird. Denn wir wollen die Schweizer Löhne in der Schweiz gegen alle Angriffe verteidigen, egal woher sie kommen.

    Hauptargument gegen die BGI ist das Vernichten von Arbeitsplätzen. Sehen Sie das auch so?
    Für einige krisengeschüttelten Branchen wäre das der Todesstoss.

    Die Schweizer Bevölkerung wächst, und es ist legitim, dass man sich die Frage der Grenzen dieses Wachstum stellt. Was spricht aus dieser Sicht gegen die BGI?
    Diese Vorlage ist ein Etiketten-Schwindel. Blocher sagt selber, dass sich die Zuwanderung nach dem Bedürfnis der Wirtschaft richten soll. Diese Initiative gibt keine Antwort auf diese Frage.

    Beeinflusst die aktuelle, unsichere Situation den Ausgang dieser Abstimmung?
    Die Leute werden in der aktuellen Situation sicher keine Experimente mit einer radikalen Vorlage zustimmen, welche die aktuelle Situation nur verschärfen würde.

    Nehmen wir den «Worst Case» an und die Befürworter gewinnen. Wie geht es mit dem Wirtschaftsstandort Schweiz dann weiter?
    Über «Worst Case» sollte man besser nicht sprechen. Die Initiative wird abgelehnt und wir müssen die Reihen schliessen und um jeden Arbeitsplatz kämpfen. Die Lage ist genug angespannt für die Arbeitnehmenden. Wir müssen aber auch weiterhin an einer besseren Zukunft für alle in diesem Land arbeiten. Dafür braucht es für alle gute Jobs, gute Löhne – und konkrete soziale Fortschritte.

    Interview: Corinne Remund

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