Aufregender Start in ein «neues Leben»

    Berufswahl und Lehrstellenantritt – im 2021 eine Herausforderung für Jugendliche

    Für viele Jugendliche in der Region waren die Schulferien-Wochen nicht gleichbedeutend mit «Dolce Vita» und Feriengenuss. Viele befanden sich entweder auf der Suche nach einer Lehrstelle oder mussten sich klar werden, welcher Berufswunsch angestrebt werden sollte. Einige Tausend wussten schon, wie es weiter geht: In diesen Tagen starteten rund 60’000 junge Menschen in der Schweiz mit einer Lehre ins Berufsleben.

    (Bild: PEXELS) Für die Jugendlichen und angehende Berufsleute lohnt es sich, die «Jobs der Zukunft» anzusteuern.

    In unserer Gesellschaft hat das Absolvieren einer Matura und ein anschliessendes Studium einen hohen Stellenwert. Man wird – auch in der Arbeitswelt – oft nach der schulischen Karriere (Gymnasium…) und/oder nach der Studienerfahrung gemessen. Aber: Die Anerkennung und die Bedeutung einer erfolgreichen Berufskarriere über den dualen Bildungsweg mit Berufslehre und anschliessender gezielt ausgewählter Weiterbildung wird immer grösser.

    Jugendliche müssen schon sehr jung Entscheidungen treffen und in die Zukunft schauen…
    Es gibt jedoch eine grosse Herausforderung: Viele Jugendliche, die sich für diesen Weg begeistern lassen, wissen oft nicht, welche Berufswünsche sie eigentlich haben. Wie auch? Man ist noch jung und weiss nicht, welche neuen Anforderungen oder Berufsbilder in drei bis fünf Jahren angesagt sind. Wichtig ist den meisten – das zeigen fast alle in diesem Zusammenhang geführten und publizierten Studien – die ihnen offerierten Perspektiven: Wird meine Berufstätigkeit auch in Zukunft gefragt sein? Macht meine Arbeit beziehungsweise die Tätigkeit «Sinn»? Gibt es Karriere- oder zumindest Entwicklungs-Perspektiven? Kann ich etwas zur Weiterentwicklung des Unternehmens oder der Branche beitragen? Wie nachhaltig ist die Branche, in welcher ich künftig tätig sein werde? Diese Fragen beschäftigen die Jungen von heute viel mehr als die lohntechnischen Belange. Auch wenn dieser Aspekt keinesfalls «unwichtig» wäre.

    Da lohnt es sich, die «Jobs der Zukunft» anzusteuern. Wie beispielsweise «Techniker/in HF in Energie und Umwelt» oder «Betriebliche(r) Mentor/in» – um nur zwei unter sehr vielen Berufen mit grosser Zukunft im Jobmarkt zu nennen. Auch hilft zur Orientierung, die beliebtesten der 245 verschiedenen Grundausbildungen zu analysieren. Da sind – gemäss Quelle Berufsberatung.ch / Bundesamt für Statistik – noch immer das KV, der Gesundheitsbereich oder Detailhandel und zunehmend auch Informatik beliebt. Das Ranking der neu abgeschlossenen Lehrverträge EFZ im Jahr 2020 dokumentiert diese Tendenzen: Kaufmann/-frau (alle Profile) mit 12’768 liegt vorne. Gefolgt von: Fachmann/-frau Gesundheit (4’979), Detailhandelsfachmann/-frau (4’196), Fachmann/-frau Betreuung mit 3’951, Informatiker/in mit 2’237, Elektroinstallateur/in (1’946) sowie Logistiker/in, Zeichner/in, Koch/Köchin und Landwirt/in (alle über 1’400).

    (Bild: Shutterstock) Ein grosser Moment: In diesen Tagen starten rund 60’000 junge Menschen in der Schweiz mit einer Lehre ins Berufsleben

    Vernetztes Denken und «Sinnhaftigkeit»
    Sehr wichtig ist in fast allen «Berufen der Zukunft» das vernetzte Denken. Denn Berufslehren sind stets im Wandel. Alle fünf Jahre wird jede Lehre überprüft. Die Paremeter: Stimmt die Qualität? Entspricht sie noch den Anforderungen der Wirtschaft? Würde man diese Überprüfung unterlassen, so hätte dies mittelfristig happige Folgen, sagt beispielsweise Sonja Studer, Leiterin Berufsbildung beim Industrieverband Swissmem, in einem Interview auf SF: Die Wirtschaft habe Mühe, Arbeitskräfte zu finden, die den aktuellen Anforderungen gerecht werden und Jugendliche, die aus der Berufslehre kommen, hätten Mühe, einen Arbeitsplatz zu finden. In vielen Berufslehren steigen zudem die Anforderungen an die Vernetzungskompetenz. Das bedarf einer ständigen Entwicklung der Berufslehren. Die Entwicklung einer neuen Berufslehre sei ein aufwändiger Prozess, sagen alle zuständigen Expertinnen und Experten. Die Trägerschaft des Berufs arbeitet dazu jeweils mit Bund und Kantonen zusammen, aber auch mit anderen Berufsverbänden und den Sozialpartnern. Es wird eruiert, welche Bedürfnisse der Arbeitsmarkt hat und welches Entwicklungspotenzial die Berufe und Branchen haben. Bis eine neue Berufslehre stehe, könne es fünf Jahre dauern, sagt Sonja Studer auf SF. «Die Revision hört ja nicht damit auf, dass man neue Inhalte festlegt. Lernmedien müssen neu konzipiert, der Unterricht gestaltet, Berufschullehrer und Ausbildnerinnen in den Betrieben geschult werden.» Das Problem sei aber erkannt: «Der technologische Wandel nimmt sich nicht einfach fünf Jahre Zeit und wartet, bis eine Berufsreform fertig ist.» (Quelle: sf.tv). Fazit: Es werde enorm viel im Hintergrund geleistet, um die Berufslehre neuen Realitäten in Gesellschaft und Wirtschaft anzupassen.

    Was den zukünftigen Berufsleuten in die Karten spielt: Das duale Bildungssystem in der Schweiz ist einzigartig und ein Erfolgsmodell: Dank der Kombination der Ausbildungen über den akademischen Weg und die Berufslehre haben auch junge Berufsleute mit durchschnittlichen oder schlechten schulischen Leistungen die Chance, Erfolg zu haben und an internationalen Berufsmeisterschaften Preise zu gewinnen. Dies bestätigt auch die neue Studie «Die Top 200 des beruflichen Nachwuchses» der Erziehungswissenschafterin Prof. Dr. Magrit Stamm. Ihr Fazit: Eine hohe Qualität der Berufsbildung stärkt die Schweizer Innovationskraft. Das duale Bildungssystem der Schweiz ergänzt eine international hoch angesehene akademische Ausbildung mit der direkten, praxisorientierten Berufslehre. Die Berufsausbildungen dauern jeweils drei bis vier Jahre und orientieren sich an tatsächlich nachgefragten beruflichen Qualifikationen und an den zur Verfügung stehenden Arbeitsplätzen. Gemeinsam sorgen die Hochschulstudiengänge und die Berufslehren für eine ideale Mischung von Talent aus Theorie und Praxis. Die hohe Qualität der Berufsbildung ist eine zentrale Stütze der Innovationskraft und Leistungsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft, die ihrerseits interessante Stellen und gute Entwicklungsmöglichkeiten für motivierte und qualifizierte Fach- und Führungskräfte bietet (Switzerland Global Enterprise). Und: «Erfolg ist nicht an eine akademische Laufbahn gebunden. Es gibt viele Erfolgsgeschichten von Menschen, die mit einer Lehre begonnen haben und mittels der höheren Berufsbildung weit gekommen sind», sagt beispielsweise Terry Tschumi, Schulleiterin der TEKO Basel (Höhere Fachschule für HR-Abschlüsse in den Bereichen Technik, Wirtschaft und Handel) und fügt an: «Der Vorteil der dualen Weiterbildung liegt in der professionellen Kombination von Wissen mit gleichzeitigem Aufbau praktischer Kompetenzen.»

    Höhere Akzeptanz für HF-Diplome
    In der Tat haben Höhere Fachschulen (HF) in der Schweiz aufgrund des Bildungssystems eine Schlüsselfunktion erworben. Der Anteil der Erwerbstätigen, die einen Abschluss an einer Hochschule oder eine höhere Berufsbildung gemacht haben, ist in den letzten 15 Jahren von 22 auf 35 Prozent gestiegen. Damit liegt die Schweiz im europäischen Vergleich im vorderen Bereich. Bundesrat und das Parlament wollen dem «HF»-Titel mehr Akzeptanz verleihen. Laut Prognosen des Bundesamtes für Statistik dürfte ab 2025 über die Hälfte der erwerbstätigen Bevölkerung über einen Tertiär-Abschluss – Hochschule oder höhere Berufsbildung – verfügen. Bis 2045 könnte der Anteil bis auf 60 Prozent ansteigen. Nahezu die Hälfte der Erstabschlüsse auf Tertiärstufe wird in der Schweiz mittlerweile im Rahmen der höheren Berufsbildung, mit dem Abschluss «Diplom HF», einem «eidg. Fachausweis» oder einem «eidg. Diplom» erworben. Kein Wunder, denn Trend-Jobs wie beispielsweise «dipl. Techniker/in HF Energie und Umwelt» oder «dipl. Erwachsenenbildner/in HF» werden künftig noch gefragter denn je. Zudem werden jenen, welche zur eidgenössischen oder einer höheren Berufsprüfung gehen, die Ausbildungskosten mit bis zu 50 Prozent subventioniert.

    Fazit: In der innovationsstarken Schweiz bereiten Höhere Fachschulen Studierende auf ihre künftigen Aufgaben vor. Die Unternehmen wollen heute Praktiker/innen. Es brauche neben den öffentlichen, universitären Angeboten in der Aus- und Weiterbildung auch jene der Privaten, der Höheren Fachschulen, die mit Engagement, Initiative und Innovation punkten und praxisnah unterrichten, bestätigt Arthur Schärli, Leitexperte SBFI für Qualitätsmanagement an Fachschulen: «Der Stellenwert der Höheren Fachschulen ist gestiegen. Das handlungsorientierte Unterrichten ist nicht nur im Trend, sondern ist auch gefordert. Der fachlich-sachliche Unterricht ist die Basis, aber der Praxisbezug muss eindeutig da sein. Die Höheren Fachschulen machen dabei eine vorbildliche Arbeit.» Die TEKO Basel ist ein Beispiel und hat damit Erfolg, Ausbildungen anzubieten, mit welchen man sich in Zukunft gute Jobaussichten ausrechnen kann.

    JoW

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