«Abzocke» oder doch nicht…?

    Bis zu 23 Prozent mehr Beanstandungen durch die MFP beider Basel

    Zu jenen Themen, die immer wieder für viel Gesprächsstoff sorgen, ist die  obligatorischen Motorfahrzeugprüfung. Vielen treibt es nur beim Gedanken hierzu die Schweissperlen ins Gesicht. Man fürchtet die strengen Experten und ungeliebten Zusatzkosten, die vielleicht bald anfallen. Grund zur Nervosität hat man diesbezüglich  besonders in Basel und Baselland. Oder?

    (Bild: Fotolia) Von vielen «gefürchtet»: Das strenge und wachsame Auge der Prüfer an den Motorfahrzeug-Prüfstationen

    Es geht um die Sicherheit aller im Strassenverkehr. Wer mag schon in einen schweren Unfall verwickelt werden, weil irgend jemand mit einem schlecht gewarteten oder gar strassenuntauglichen Fahrzeug unterwegs war. Da herrscht Einigkeit. Bei der obligatorischen Motorfahrzeugprüfung kontrollieren die Strassenverkehrsämter, ob Autos und Motorräder noch sicher sind für die Strasse. Die Experten arbeiten mit einem schweizweit einheitlichen Fragebogen und dieser enthält 170 einzelne Prüfpunkte. Nun aber zeigt sich bei einer «Kassensturz»-Erhebung, dass bei der Strenge der Abnahme der Fahrzeuge die Kantone unterschiedlich beurteilen.

    Trotz diesem einheitlichen Prüfkatalog werden in Basel Stadt und Baselland auf der Motorfahrzeugkontrolle beider Basel satte 23 Prozent zur Nachkontrolle aufgeboten. Ein stolzer Schnitt. Und für jede Nachprüfung wird – nebst den Kosten für die Behebung der festgestellten Mängel – eine weitere Gebühr fällig. Im Kanton St.Gallen beispielsweise müssen hingegen nur gerade knapp unter 5 Prozent zur Nachkontrolle antraben. Hat dies vielleicht damit zu tun, dass man im Kanton St.Gallen wählen kann, ob man eine Nachkontrolle auf dem Amt durchführen möchte oder bei einer Garage im Reparaturbestätigungsverfahren? Ist damit auch der tiefe Anteil der Nachkontrollen  im Thurgau (6,5 Prozent) zu erklären?

    Verfassungswidrig, wenn Ämter mit Gebühren Gewinn erwirtschaften?
    Fakt ist, in den Kantonen Aargau, Zürich und Luzern muss jedes fünfte vorgeführte Fahrzeug zu einer Nachprüfung. Auf der MFP beider Basel ist jedes vierte Auto «fällig», also liegt die Quote bei fast fünfmal so hoch wie in St. Gallen. Und, dass eine Nachprüfung zwischen 15 und 55 Franken kostet. Eine nicht zu unterschätzende zusätzliche Einnahmequelle für die Strassenverkehrsämter. Hier liegt jedoch der Zündstoff für Kritik. Denn gemäss Preisüberwacher Stefan Meierhans ist es gegen die Verfassung, wenn die Ämter mit Gebühren Gewinn erwirtschaften. Werden die Verkehrsteilnehmenden in der Region also «abgezockt»? Wir haben Adrian Baumgartner, Leiter Kommunikation und Direktionssprecher der Sicherheitsdirektion des Kantons Basel-Landschaft dazu befragt. Die Antworten der Motorfahrzeug-Prüfstation beider Basel differenzieren vieles:

    (Bilder: zVg) Ein nicht unerheblicher Kostenfaktor für viele Kraftfahrzeugfahrerinnen und -fahrer: Die Kosten für die Nachkontrolle bei der MFP und beim Garagisten.

    Wie steht die MFK beider Basel zu den Resultaten des Kassensturz Berichts? Wie erklärt sich demnach, dass ausgerechnet Basel-Stadt und Baselland die meisten Nachkontrollen und generell die meisten Vorführtermine bei den MFP generieren?
    Studiert man die vom Kassensturz erhobenen Daten etwas eingehender, sieht  man schnell, dass die korrekte Interpretation aufgrund der unterschiedlichen Abläufe nach der technischen Fahrzeugprüfung nicht einfach ist. Einzelne Kantone arbeiten zum Beispiel mit ausgelagerten Reparaturverfahren und machen in der Konsequenz fast überhaupt keine Nachkontrollen mehr selbst. Andere Kantone hingegen führen den Hauptanteil der Nachkontrollen selbst durch. In der  vom Kassensturz zum Vergleich herangezogene Zahl der «Nachkontrollen durch das Amt» muss somit massive Unterschiede ergeben. Die Zahl der «Nachkontrollen durch das Amt» erlaubt nur eine Aussage bezüglich des Mängelbehebungsverfahrens. Es ist festzuhalten, dass eine Aussage bezüglich der Anzahl der beanstandeten Fahrzeuge damit nicht möglich ist. Da werden also sogar Birnen mit Kartoffeln verglichen. Wenn im Bericht der Eindruck entsteht, dass im Kanton BS/BL vier- bis fünfmal mehr Fahrzeuge beanstandet werden als in den zitierten Kantonen SG oder TG ist dies also demnach völlig falsch.

    Welche weiteren Fakten muss man zudem noch beachten?
    Gemäss der Kassensturzauswertung nehmen wir zur Kenntnis, dass bei uns mehr Nachkontrollen vor Ort stattfinden als in anderen Kantonen. Klar ist, dass in den beiden Basel  der Mängelbehebungsprozess fast ausschliesslich wieder durch die Motorfahrzeug-Prüfstation beider Basel (MFP) abgeschlossen wird. Dies bedeutet aber klar nicht, dass bei uns mehr Beanstandungen erfolgen als in anderen Kantonen. Wirft man beispielsweise einen Blick auf die ebenfalls vom Kassensturz erfasste Zahl der «Positiven Prüfergebnisse» hat die Motorfahrzeug Prüfstelle gerade im Vergleich zu den Kantonen mit den geringsten Nachprüfungszahlen eine höhere Erfolgsquote. Zu einem Mangelbehebungsprozess kommt es nur dann, wenn zuvor bei der technischen Prüfung des Fahrzeuges überhaupt Mängel vorgefunden wurden. Da die Kunden der Motorfahrzeug-Prüfstation beider Basel die Möglichkeit haben, jeden Tag ohne Voranmeldung zur Nachkontrolle zu erscheinen und die Anfahrtswege für einen Grossteil der Kunden überschaubar sind, ist eine Auslagerung an weitere Stellen bisher nicht als Bedürfnis festgestellt worden.

    So lange in Basel und Baselland die Nachprüfungen nicht auch direkt bei den Werkstätten gemacht werden können, wird die Kritik wegen der Gebühren bestehen bleiben.

    Einige Leute fühlen sich aufgrund der Statistik und dem Vorwurf des Preisüberwachers vielleicht etwas «abgezockt»…
    Die Zahl der «Nachprüfungen im Amt», welche im Kassensturz-Bericht herangezogen wird, ist nicht geeignet eine Aussage bezüglich der für den Fahrzeughalter im Mängelbehebungsprozess entstehenden Kosten zu machen. Selbstverständlich werden durch die MFP Gebühren für die Nachkontrollen erhoben. Aber auch in Kantonen mit Reparaturbestätigungsverfahren fallen für den Kunden Kosten an. Denn die Reparaturinstanz meldet in den dortigen Prozessen dem zuständigen Amt die ausgeführten Reparaturen. Das Amt muss diese Daten bearbeiten und archivieren, wofür ebenfalls Gebühren erhoben werden. Grundsätzlich lassen sich die Nachkontrollkosten am einfachsten sparen, wenn die Fahrzeuge seriös vorbereitet zur technischen Kontrolle gebracht werden.

    JoW


    Sicherheit ist das Hauptanliegen

    Die Vorwürfe einer «Abzocke» durch eine vermeintlich exzessive Strenge der Prüfung bei den Vorführterminen auf der MFP beider Basel sind für Adrian Baumgartner, Leiter Kommunikation und Direktionssprecher der Sicherheitsdirektion des Kantons Basel-Landschaft, nicht relevant: «Die Zufriedenheit unserer Kundschaft ist uns sehr wichtig. Entsprechend stolz sind wir auch auf die sehr guten Ergebnisse unserer Kundenbefragungen. Mit der amtlichen Prüfung soll aber sichergestellt werden, dass die positiv geprüften Fahrzeuge betriebssicher sind und den geltenden Vorschriften entsprechen. Die Sicherheit auf unseren Strassen für alle Benutzer ist somit das Hauptanliegen unserer Arbeit. Aus unserer Sicht rechtfertigt sich aus diesem Auftrag eine konsequente Prüfungsbeurteilung auch wenn diese einmal zu Lasten des einzelnen Fahrzeughalters geht.»

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